Dies ist Teil 1 einer Reihe über (meine) Geschäftsmodelle, meinen Marketing-Approach und Online-Business-Bullshit. Stay tuned for more.
Das True-Fans-Prinzip
Kevin Kelly nennt sie in seinem berühmt-berüchtigten Essay 1000 „True Fans“. Pat Flynn nennt sie „Superfans“ (Book Notes hier). Jenni und ich nennen sie spaßeshalber auch „Ultras“. Gemeint sind: Leute, die dich und dein Business richtig, richtig klasse finden.
„A true fan is defined as a fan that will buy anything you produce. These diehard fans will drive 200 miles to see you sing; they will buy the hardback and paperback and audible versions of your book; (…) they will pay for the “best-of” DVD version of your free youtube channel (…)
Kevin Kelly, 1000 True Fans
In seinem Rechenbeispiel geht Kelly davon aus, dass man pro True Fan 100 Dollar im Jahr einnimmt – zum Beispiel durch einen Ticketverkauf á $100, vier Buchverkäufe á $25 oder eine monatliche Membership á $8,3. Mal tausend macht das einen Umsatz von 100.000 Dollar – davon kann man doch leben, oder?!
Alle Autor*innen, die sich auf Kellys Theorie beziehen- egal, ob sie jetzt True Fans, Superfans oder sonstwie heißen – stützen sich auf das Prinzip: Bau dir eine kleine, treue Community zu deinem Spezialthema auf und monetarisiere sie durch irgendwelche Produkte oder Services.
Dass dieses Prinzip funktioniert, müssen wir hier nicht diskutieren. Stichworte: Creator Economy, Passion Economy, Long Tail. (Li Jin argumentiert sogar, dass nur 100 True Fans reichen.)
True Fans auf Umwegen
So, okay, klingt ja gut. Nutze ich dieses Prinzip denn für mich? Jain. Ich nutze es mit einem Umweg.
Mit meinem Content im Netz – allen voran erzähl davon mit 10 kostenlosen Onlinekursen, mehreren Long Form Blogartikeln (z.B. das 2h-System) und mehr als 100 Podcastfolgen – habe ich schon den ein oder anderen Superfan gewonnen. Allerdings verkaufe ich denen nix. Ich hole hier ein bisschen aus für diejenigen, die mich oder den Hintergrund von erzähl davon nicht kennen:
Die Story von erzähl davon
Im Masterstudium (Medienwissenschaft) hatten wir die Wahl zwischen einer normalen/theoretischen oder einer praktischen Masterarbeit. Letztere sind häufig Filmprojekte. Zusammen mit meiner Kommilitonin und Freundin Luisa habe ich meiner Professorin das Konzept gepitcht, eine Online-Plattform für Ehrenamtliche zu erstellen – als Kombination aus journalistischer Recherche, Videointerviews, E-Learning-Didaktik und Webentwicklung. Wir haben schnell erkannt, dass es Sinn macht, sich auf das Oberthema „Kommunikation“ (u.a. Öffentlichkeitsarbeit, Pressearbeit, interne Kommunikation) zu spezialisieren, weil das auch inhaltlich nah am Master und unseren eigenen Praxiserfahrungen lag. Wir haben ca. ein Jahr lang an diesem Projekt gearbeitet (der Podcast und der Instagram-Account waren Nebenprodukte) und die Plattform im Herbst 2017 gelauncht. Da es sich ja (a) um unsere Masterarbeit handelte und (b) die Zielgruppe (Vereine, Hochschulgruppen und ehrenamtliche Initiativen) eh kein Budget hat, war klar, dass die Onlinekurse kostenlos sind. Ursprünglich hatten wir vor, uns mit der Plattform für Förderprogramme zu bewerben und mit der Kohle dann weitere Kurse zu erstellen. Long Story short: Hat nicht geklappt. Stattdessen kamen erst vereinzelt, mittlerweile sehr regelmäßig Anfragen, ob wir zu unseren Themen nicht Workshops moderieren, Impulsvorträge halten oder Barcamp-Sessions leiten wollen. (Ja, es ist sehr ironisch, dass wir kostenlose Onlinekurse erstellt haben; aber zu den gleichen oder ähnlichen Themen dann bezahlte [Präsenz-]Workshops halten sollen. Liegt halt an den Strukturen des Sektors. Das mit Präsenz hat sich zum Glück ja jetzt eh erledigt.)
erzähl davon ist zum Grundstein für meine Selbstständigkeit geworden. Die Mehrzahl meiner Aufträge kommen mehr oder weniger direkt durch dieses Projekt zustande. Ohne, dass die Plattform selber auch nur einen Cent Gewinn abwirft – denn dort gibt es nichts zu kaufen.
Fans als Umweg
Wie funktioniert das? Ganz einfach: Leute, die erzähl davon nutzen, empfehlen mich weiter. Es sind häufig junge und digitalaffine Leute, die durch Google oder Social Media auf erzähl davon stoßen, Content (Kurse/Podcast/Blog) konsumieren und dann ihre Boomer-Chefs bitten, bei der Vergabe des Weiterbildungsbudgets bitte an mich zu denken. Oder die städtische Ehrenamts-Beauftragte. Oder die Vorstandsvorsitzenden. Wer auch immer über Budgets entscheidet.
In den Vorgesprächen höre ich häufig Sätze wie:
Klasse, dass es den Podcast gibt! Hab den schon gut für meinen Verein nutzen können.
Vielen Dank für die Trello-Vorlagen, die sind echt nützlich.
Dein Content-System ist genau das, was ich gesucht habe.
Ich hab euren Social-Media-Kurs schon zur Hälfte durch – macht Spaß!
Eure Seite hat mich durch die Illustrationen und die junge Aufmachung sofort angesprochen.
Ich schreib das nicht zur Selbstbeweihräucherung, sondern um zu verdeutlichen: Die Leute kennen die Inhalte, Haltungen und Theorien dahinter; die Leute wissen durch unseren Ton, wie Luisa und ich ticken; im besten Fall hatten sie schon stundenlang unsere Stimmen im Ohr. Sie wissen schon, dass sie den Workshop gerne mit uns/mir machen wollen – es geht in den Vorgesprächen dann oft nur noch um Formalien und Termine.
Was die Sache für mich besonders angenehm macht: Ich verkaufe den True Fans nix. Also, nicht ihnen persönlich. Eine junge Mitarbeiterin einer Wohlfahrtsorganisation findet unsere Inhalte super und bucht uns/mich für einen Workshop – klasse, denn das Honorar bezahlt ja nicht sie, sondern ihre Organisation. Dabei melden sich oft Organisationen bei mir, von denen ich noch nie etwas gehört habe und auf die ich nie gekommen wäre. Die Akquise haben die True Fans übernommen. Praktisch!
95% der Leute nutzen die Plattform und den Content, ohne dass ich einen Cent davon sehe. Aber 5% kommen früher oder später auf mich zu und wollen einen Workshop oder ein Event mit MIR machen statt mit irgendeiner Person aus meiner Bubble.
Content Marketing
Die Plattform steht für sich. Der Podcast steht für sich. Beides war nicht als „Werbung“ für die Workshop- und Speaking-Angebote geplant – sondern einfach als kostenlose, in sich abgeschlossene Projekte.
Ich finde Content Marketing klasse, nutze aber keine der üblichen (Online-)Marketingtechniken für erzähl davon. Es gibt keine Leadmagneten, keine „um mehr zu erfahren, musst du einen kostenpflichtigen Workshop buchen“-Teaserartikel, keine Sales-Webinare, keinen Tracking-Pixel, keinen Funnel. Beim Blogartikel über Öffentlichkeitsarbeit habe ich mir viel Mühe gegeben, einen guten Beitrag zu schreiben… Und was soll ich sagen? Google fands auch gut, Hallo Platz 1 in den Suchergebnissen.
Der Content will einfach Wissen teilen, Meinungen verbreiten, Theorien darlegen, Tipps sammeln oder Konzepte erklären. Nicht verkaufen. Ich glaube, das merkt man den Inhalten positiv an. Deshalb sind die Leute, die den Content gut finden, pure True Fans. Und wenn sich dann eine Gelegenheit ergibt (z.B. wenn die Abteilungsleiterin eine Referentin für ein Social-Media-Seminar sucht), empfehlen die True Fans mich sofort weiter.
Kevin Kelly hat ja vorgerechnet, dass man 1000 True Fans á Jahresumsatz von 100 Dollar braucht. Ich sag mal so – ein Workshop bringt ein Vielfaches von 100 Dollar ein. Dementsprechend brauche ich auch nicht viele True Fans, um meinen Kalender zu füllen. Dass der Großteil der Konsument*innen der Inhalte mir kein Geld einbringt, ist deshalb überhaupt nicht schlimm. Denn – wie gesagt – war das Projekt ja nie darauf angelegt, damit Geld zu verdienen, sondern Ehrenamtlichen bei der Kommunikation zu helfen. Und das Ziel haben wir auf jeden Fall erreicht.
Es klingt so simpel, aber es ist so wahr: Gute Inhalte sprechen für sich und zahlen sich langfristig aus. Karma, Baby! ✨
Demnächst geht es weiter mit dieser Reihe. Abonniere meinen Blog per Newsletter!
Dies ist Teil 1 einer Reihe über (meine) Geschäftsmodelle, meinen Marketing-Approach und Online-Business-Bullshit. Stay tuned for more.
Das True-Fans-Prinzip
Kevin Kelly nennt sie in seinem berühmt-berüchtigten Essay 1000 „True Fans“. Pat Flynn nennt sie „Superfans“ (Book Notes hier). Jenni und ich nennen sie spaßeshalber auch „Ultras“. Gemeint sind: Leute, die dich und dein Business richtig, richtig klasse finden.
In seinem Rechenbeispiel geht Kelly davon aus, dass man pro True Fan 100 Dollar im Jahr einnimmt – zum Beispiel durch einen Ticketverkauf á $100, vier Buchverkäufe á $25 oder eine monatliche Membership á $8,3. Mal tausend macht das einen Umsatz von 100.000 Dollar – davon kann man doch leben, oder?!
Alle Autor*innen, die sich auf Kellys Theorie beziehen- egal, ob sie jetzt True Fans, Superfans oder sonstwie heißen – stützen sich auf das Prinzip: Bau dir eine kleine, treue Community zu deinem Spezialthema auf und monetarisiere sie durch irgendwelche Produkte oder Services.
Dass dieses Prinzip funktioniert, müssen wir hier nicht diskutieren. Stichworte: Creator Economy, Passion Economy, Long Tail. (Li Jin argumentiert sogar, dass nur 100 True Fans reichen.)
True Fans auf Umwegen
So, okay, klingt ja gut. Nutze ich dieses Prinzip denn für mich? Jain. Ich nutze es mit einem Umweg.
Mit meinem Content im Netz – allen voran erzähl davon mit 10 kostenlosen Onlinekursen, mehreren Long Form Blogartikeln (z.B. das 2h-System) und mehr als 100 Podcastfolgen – habe ich schon den ein oder anderen Superfan gewonnen. Allerdings verkaufe ich denen nix. Ich hole hier ein bisschen aus für diejenigen, die mich oder den Hintergrund von erzähl davon nicht kennen:
Die Story von erzähl davon
Im Masterstudium (Medienwissenschaft) hatten wir die Wahl zwischen einer normalen/theoretischen oder einer praktischen Masterarbeit. Letztere sind häufig Filmprojekte. Zusammen mit meiner Kommilitonin und Freundin Luisa habe ich meiner Professorin das Konzept gepitcht, eine Online-Plattform für Ehrenamtliche zu erstellen – als Kombination aus journalistischer Recherche, Videointerviews, E-Learning-Didaktik und Webentwicklung. Wir haben schnell erkannt, dass es Sinn macht, sich auf das Oberthema „Kommunikation“ (u.a. Öffentlichkeitsarbeit, Pressearbeit, interne Kommunikation) zu spezialisieren, weil das auch inhaltlich nah am Master und unseren eigenen Praxiserfahrungen lag. Wir haben ca. ein Jahr lang an diesem Projekt gearbeitet (der Podcast und der Instagram-Account waren Nebenprodukte) und die Plattform im Herbst 2017 gelauncht. Da es sich ja (a) um unsere Masterarbeit handelte und (b) die Zielgruppe (Vereine, Hochschulgruppen und ehrenamtliche Initiativen) eh kein Budget hat, war klar, dass die Onlinekurse kostenlos sind. Ursprünglich hatten wir vor, uns mit der Plattform für Förderprogramme zu bewerben und mit der Kohle dann weitere Kurse zu erstellen. Long Story short: Hat nicht geklappt. Stattdessen kamen erst vereinzelt, mittlerweile sehr regelmäßig Anfragen, ob wir zu unseren Themen nicht Workshops moderieren, Impulsvorträge halten oder Barcamp-Sessions leiten wollen. (Ja, es ist sehr ironisch, dass wir kostenlose Onlinekurse erstellt haben; aber zu den gleichen oder ähnlichen Themen dann bezahlte [Präsenz-]Workshops halten sollen. Liegt halt an den Strukturen des Sektors. Das mit Präsenz hat sich zum Glück ja jetzt eh erledigt.)
erzähl davon ist zum Grundstein für meine Selbstständigkeit geworden. Die Mehrzahl meiner Aufträge kommen mehr oder weniger direkt durch dieses Projekt zustande. Ohne, dass die Plattform selber auch nur einen Cent Gewinn abwirft – denn dort gibt es nichts zu kaufen.
Fans als Umweg
Wie funktioniert das? Ganz einfach: Leute, die erzähl davon nutzen, empfehlen mich weiter. Es sind häufig junge und digitalaffine Leute, die durch Google oder Social Media auf erzähl davon stoßen, Content (Kurse/Podcast/Blog) konsumieren und dann ihre Boomer-Chefs bitten, bei der Vergabe des Weiterbildungsbudgets bitte an mich zu denken. Oder die städtische Ehrenamts-Beauftragte. Oder die Vorstandsvorsitzenden. Wer auch immer über Budgets entscheidet.
In den Vorgesprächen höre ich häufig Sätze wie:
Ich schreib das nicht zur Selbstbeweihräucherung, sondern um zu verdeutlichen: Die Leute kennen die Inhalte, Haltungen und Theorien dahinter; die Leute wissen durch unseren Ton, wie Luisa und ich ticken; im besten Fall hatten sie schon stundenlang unsere Stimmen im Ohr. Sie wissen schon, dass sie den Workshop gerne mit uns/mir machen wollen – es geht in den Vorgesprächen dann oft nur noch um Formalien und Termine.
Was die Sache für mich besonders angenehm macht: Ich verkaufe den True Fans nix. Also, nicht ihnen persönlich. Eine junge Mitarbeiterin einer Wohlfahrtsorganisation findet unsere Inhalte super und bucht uns/mich für einen Workshop – klasse, denn das Honorar bezahlt ja nicht sie, sondern ihre Organisation. Dabei melden sich oft Organisationen bei mir, von denen ich noch nie etwas gehört habe und auf die ich nie gekommen wäre. Die Akquise haben die True Fans übernommen. Praktisch!
95% der Leute nutzen die Plattform und den Content, ohne dass ich einen Cent davon sehe. Aber 5% kommen früher oder später auf mich zu und wollen einen Workshop oder ein Event mit MIR machen statt mit irgendeiner Person aus meiner Bubble.
Content
MarketingDie Plattform steht für sich. Der Podcast steht für sich. Beides war nicht als „Werbung“ für die Workshop- und Speaking-Angebote geplant – sondern einfach als kostenlose, in sich abgeschlossene Projekte.
Ich finde Content Marketing klasse, nutze aber keine der üblichen (Online-)Marketingtechniken für erzähl davon. Es gibt keine Leadmagneten, keine „um mehr zu erfahren, musst du einen kostenpflichtigen Workshop buchen“-Teaserartikel, keine Sales-Webinare, keinen Tracking-Pixel, keinen Funnel. Beim Blogartikel über Öffentlichkeitsarbeit habe ich mir viel Mühe gegeben, einen guten Beitrag zu schreiben… Und was soll ich sagen? Google fands auch gut, Hallo Platz 1 in den Suchergebnissen.
Der Content will einfach Wissen teilen, Meinungen verbreiten, Theorien darlegen, Tipps sammeln oder Konzepte erklären. Nicht verkaufen. Ich glaube, das merkt man den Inhalten positiv an. Deshalb sind die Leute, die den Content gut finden, pure True Fans. Und wenn sich dann eine Gelegenheit ergibt (z.B. wenn die Abteilungsleiterin eine Referentin für ein Social-Media-Seminar sucht), empfehlen die True Fans mich sofort weiter.
Kevin Kelly hat ja vorgerechnet, dass man 1000 True Fans á Jahresumsatz von 100 Dollar braucht. Ich sag mal so – ein Workshop bringt ein Vielfaches von 100 Dollar ein. Dementsprechend brauche ich auch nicht viele True Fans, um meinen Kalender zu füllen. Dass der Großteil der Konsument*innen der Inhalte mir kein Geld einbringt, ist deshalb überhaupt nicht schlimm. Denn – wie gesagt – war das Projekt ja nie darauf angelegt, damit Geld zu verdienen, sondern Ehrenamtlichen bei der Kommunikation zu helfen. Und das Ziel haben wir auf jeden Fall erreicht.
Es klingt so simpel, aber es ist so wahr: Gute Inhalte sprechen für sich und zahlen sich langfristig aus. Karma, Baby! ✨
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