Mindfucks überwinden

Ich weiß noch, wie ich ca. im Jahr 2017 „Heul nicht, mach doch!“ gestartet habe. Ich habe auf Blog, Podcast und Instagram Content gemacht und wollte langfristig Mentorings, eBooks und Onlinekurse verkaufen. Der Insta-Account war ein paar Wochen alt und lief ganz gut. Ich unterhielt mich mit Bekannten und sie lobten mich für den Inhalt und die Aufmachung.

„Ich warte noch, bis ich 1000 Follower habe, dann fange ich an, auf dem Account meine Angebote zu promoten.“

Kato, ca 2017, sehr dumm

Ich erinnere mich an diesen Mindfuck als sei es gestern. Die Bekannten meinten – selbstverständlich – dass das nicht nötig sei und ich sofort anfangen könne, über mein Mentoring und meine Produktideen zu sprechen. Aber ich beharrte auf meinem Plan, weil ich (aus welchen Gründen auch immer) dachte, ich hätte es erst ‚verdient‘, den Account für Werbung in eigener Sache zu nutzen, wenn ich diese arbiträre Zahl von 1000 Follower:innen geknackt habe.

Tatsächlich habe ich wegen der selben Geschichte auch eine aufkeimende Freundschaft in den Sand gesetzt: Mit zwei selbstständigen Frauen, die ich jeweils via Insta kennengelernt habe, formte sich eine lose Mastermind zur gegenseitigen Unterstützung. Eine der beiden startete eine Crowdfundingkampagne für ihr Produkt – und ich Trottel habe diese Crowdfundingkampagne nicht vernünftig auf meinem Account geteilt, weil ich Angst hatte, meine Followis mit der Werbung zu vergraulen. Die Person hat mich nicht explizit darauf angesprochen, dass sie die fehlende Unterstützung scheiße fand, aber ich konnte mir denken, dass das der Hauptgrund für den abgebrochenen Kontakt war. Und ey mittlerweile sehe ich auch total ein, wie scheiße das von mir war. Alles aufgrund des Mindfucks „ich darf keine Werbung für meine Angebote machen“.

(Ich hab dann irgendwann angefangen, auf dem Account zu „verkaufen“. Ob das vor oder nach dem Knacken der 1000-Personen-Grenze war, weiß ich nicht mehr. Gescheitert ist das Projekt aber eher aufgrund von mangelndem Product-Market-Fit.)

Ein Mindfuck kommt selten allein

Das Festhalten an magischen Followerzahlen ist natürlich nicht der einzige Mindfuck, den ich mir in den letzten Jahren der Selbstständigkeit eingeredet habe.

Da wären zum Beispiel: „Es ist frech von mir, so viel Geld für einen Workshop/Vortrag/… zu nehmen. Für den Betrag habe ich damals 3 Monate als Hiwi geschuftet.“ (Ja true, aber damals habe ich Bücher eingescannt und Teilnehmer:innenlisten in Word formatiert; jetzt bringe ich einen uniquen Skill mit, der ein angemessenes Honorar wert ist)

Oder: „Es ist peinlich, wenn ich ein Angebot launche und man von außen sieht, dass das nicht so erfolgreich ist.“ (Siehe aktuell meine Konfrontationstherapie re: Workshops mit wenig Teilnehmer:innen; wobei ja der nächste Termin schon ausgebucht ist)

Und, seit dem Launch der neuen Marke Microcontent Playbook ganz aktuell: „Ich gebe in meinem Content zu viel Wissen kostenlos preis und verliere so potenzielle Kund:innen„. Auch das ist zum Teil wahr und zum Teil falsch: Ja, es gibt Leute, die allein durch die Essayreihe das Microcontent-Prinzip verstanden haben und mir dann fröhlich schreiben „voll cool, werd ich so machen! Danke!“. Aber es gibt immer die Leute, die die Zeit und Energie investieren, etwas selber zu machen. (Siehe: Leute, die Designer-Möbel nachbauen) Und es gibt immer Leute, die die Expertise anerkennen und die Abkürzung wollen, indem sie dafür bezahlen.

Ich hatte mal eine Kundin, die ich bei der Konzeptentwicklung ihres Podcasts unterstützt habe. Sie hatte dafür einen schönen Namen: „Ich stelle mir mein Erfolgsteam zusammen“, sagte sie. Statt ihr Logo selber in Canva zu basteln, engagierte sie eine Grafikerin. Statt nächtelang an ihrer Website zu bauen, beauftragte sie einen Webentwickler. Statt planlos ins Podcasten zu starten und sich mit Audacity-Tutorials herumzuschlagen, holte sie mich dazu. Diese Leute sind meine eigentlichen idealen Kund:innen beim Microcontent Playbook. Denn die zahlen gern, um dann nach einem Tag mit ihrer Contentstrategie nach Hause zu gehen. Die Freebie-Hunter und DIY-Anpacker:innen, die das Grundprinzip verstanden haben und dann bewaffnet mit Google und Zeit ihre eigene Lösung finden, sind höchstens Käufer:innen des Onlinekurses, oder aber ich sehe keinen einzigen Cent von ihnen. Dafür profitiert aber meine Brand, denn auch wenn sie die Umsetzung ohne meine Hilfe hinbekommen haben, werden sie mich für den Anstoß verantwortlich machen und mich in positiver Erinnerung behalten.

Aber zurück zu den Mindfucks…

How to: Mindfucks überwinden

Ich bin bei weitem keine Psychologin oder Expertin. Deshalb teile ich hier nur, was für mich bisher funktioniert hat.

Geh das Worst Case Szenario durch

Das ist immer meine Lieblingsübung: Geh im Kopf durch, was passieren würde, wenn das Worst Case Szenario eintritt.

  • Ich habe ein (zu) teures Angebot verschickt -> Der Kunde sagt „tut mir Leid, ich kann das Angebot nicht annehmen“ oder „das übersteigt leider unser Budget, können wir für xxx€ etwas machen?“
  • Ich launche ein Gruppenprogramm und habe nur drei Buchungen -> Ich refunde die drei Personen und werde ggf. ein paar Tage lang von Kolleg:innen für meinen Misserfolg belächelt. Oder ich ziehe es durch und biete den drei Personen eine super Experience in der Hoffnung auf gute Testimonials und Weiterempfehlungen.
  • Ich erstelle Verkaufsinhalte, obwohl ich erst 100 Follower:innen habe -> niemand kauft. Tja, ist halt so.

Lass dich von jemandem da raus coachen

Jenni ist meist die erste, die von meinen neuen Ideen hört, und die mir Mindfucks wie zu günstige Ticketpreise gleich ausreden kann. Der Austausch mit Kolleg:innen (1:1 oder in Communitysettings) ist einfach Gold wert, um zu schauen, wer schon ähnliche Situationen hatte und was für Erfahrungswerte es gibt. Andersherum stelle ich mich auch sehr gern zur Verfügung, wenn ich merke, dass jemand eine Unsicherheit hat, zu der ich was zu sagen habe.

Nutze gesunde Arroganz

Ganz ehrlich: der beste Weg, um mich davon zu überzeugen, dass meine Preise nicht zu hoch sind, ist ein Blick über den Tellerrand. Wenn ich sehe, was da teilweise so in der digitale-Produkte-Szene angeboten wird (Selbstlernkurse für 2000€, ungeschnittene Webinaraufzeichnungen für 333€, Coachingangebote von Leuten mit sehr begrenzter Erfahrung in ihrem Gebiet) – kann ich nur den Kopf schütteln und mich als etwas besseres fühlen. Kein guter Charakterzug, aber hilft.

Lerne von den Erfahrungen anderer

Zum Glück ist das Internet ja voll von Erfahrungsberichten, Fuck up Stories, Reflexionen und Co. Natürlich müssen wir da immer im Hinterkopf behalten, dass alles gefiltert ist und wir die wahre Geschichte nicht kennen können. Doch selbst wenn Details übertrieben oder beschönigt sein sollten: Von den positiven wie negativen Stories anderer Leute können wir lernen.

Ich empfehle an dieser Stelle sehr gern Scheitern für Anfänger von meiner sehr begabten Freundin Maggie. Gebt euch die Geschichten auf YouTube (und Maggies Tagebuch des Scheiterns gleich dazu!)


Egal, ob du mit diesen Methoden was anfangen kannst oder nicht: Bitte mach dir klar, dass wir alle unter solchen Mindfucks leiden und dass du nicht zu sehr auf die Stimmen hören sollten, die dir sowas einflüstern.

Übrigens, ich eröffne bald einen neuen Insta-Account und ich werde ab dem ersten Tag ‚verkaufen‘, hehe. Wenn du davon lesen willst, abonniere diesen Blog via E-Mail: