Let’s talk Budget

Honorare sind ja bei Freelancer:innen und selbstständigen Dienstleister:innen immer ein heikles Thema. Habe ich feste Stunden- und Tagessätze? Wenn ja, kommuniziere ich sie? Setze ich auf project based pricing? Oder gar value based pricing? Oder schreibe ich individuelle Angebote?

Es soll ja Leute geben, die haben Spaß daran, Verhandlungen via Telefon oder Videokonferenz zu führen. Ich gehöre nicht dazu. Und außerdem habe ich keine Lust, meine Zeit mit Vorgesprächen zu verplempern, in denen die Anfragende Person am Ende damit herausrückt, dass sie dafür 200€ bezahlen wollen. Brutto.

Deshalb habe ich mir Anfang des Jahres etwas Neues ausgedacht: Ich habe ein PDF erstellt, in dem ich aufliste

  • was für Themen ich anbiete
  • wer meine Zielgruppe ist
  • welche Workshopformate ich üblicherweise mache
  • welche Erfahrungen und Referenzen ich habe
  • wie die Zusammenarbeit mit mir aussieht
  • und natürlich *trommelwirbel* wie meine Honorare aussehen (für Kurzworkshops, halbe Tage und ganze Tage; außerdem für Keynotes und Beratungen)
so sehen die ersten Seiten des PDFs aus

Wenn ich jetzt eine Anfrage bekomme, schicke ich bei meiner Antwort dieses PDF immer schon direkt mit. Wenn meine Honorarvorstellung nicht im Budget liegt, wird mir das direkt gespiegelt – und ich kann Alternativen anbieten. Zum Beispiel, dass ich die Anfrage an meinen Verteiler schicke. Oder dass ich zum geringeren Honorar ein Webinar halten kann, bei dem ich Konzept und Folien von einer vergangenen Veranstaltung recycle und keine neue Arbeit reinstecke. Beides ist in den letzten Wochen geklappt, in beiden Fällen waren Ansprechpartner:innen happy.

Übrigens schicke ich es nicht nur mit – ich habe es auch auf der Website, über die ich die meisten Anfragen bekomme, zum Download hinterlegt. Zwar nicht mega präsent, aber wer sich die Seite in Ruhe durchliest, findet das PDF.

Die Auswirkungen sind für mich deutlich spürbar: Ich bekomme weniger Anfragen, aber halt auch viel weniger Anfragen mit unpassenden Honorarvorstellungen. Ich schreibe Angebote in der Regel nur noch, wenn ich schon eine mündliche Zusage bekommen habe. Denn ich brauche das Angebot ja nicht mehr, um den Preis zu berechnen. Da hatte ich übrigens am Anfang bedenken: Was, wenn ich einen Fixpreis nenne und dann kommt irgendeine Organisation daher, von der ich weiß, dass die ein hohes Budget haben und sicher auch einen höheren Preis akzeptieren würden?

So, jetzt kommt das Budget ins Spiel.

Neulich hatte ich ein Telefonat, bei dem sich herausstellte, dass die Ansprechpartnerin sich einen Online-Workshop wünscht, bei dem technisch unerfahrenen älteren Leuten erklärt wird, wie Facebook und Instagram funktionieren. Auf sowas habe ich gar keinen Bock.

Ich habe der Ansprechpartnerin dann nett erklärt, dass ich darauf keine Lust habe und ihr jemanden anderen vermitteln kann, der an Boomer-Basics mehr Spaß hat. „Und für so einen Funktionen-erklär-Workshop wäre Ihr Honorar auch ziemlich teuer“, meinte die Ansprechpartnerin. „Also, verstehen Sie mich nicht falsch, aber wir hatten dafür eigentlich weniger eingeplant, und 450€ wären dafür dann zu viel…“ „Alles gut“, fiel ich der Frau ins Wort, weil sie sich ziemlich gestresst anhörte. „Das ist Ihr Budget, und das ist doch okay so!“. Die Organisation hat X Euro Budget. Ich setze meinen Preis auf Y Euro. Und dann schauen wir halt, ob das zusammenpasst.

Stell dir vor, du bist hungrig, kommst an einem Kiosk vorbei und hast 10€ dabei. Für nen Zehner kannst du dir vielleicht ein belegtes Brötchen kaufen, ein Getränk und ein kleines Eis als Dessert. Mit ein paar Euro weniger lässt du halt das Eis weg und wenn du nur einen Euro in der Tasche hast, kriegste nur ne Packung Kaugummi. Wenn Budget und Preise nicht zusammenpassen, kommt man halt nicht zusammen. Und wenn man sogar Budget übrig hat, holt man sich vielleicht noch ein Extra.

Sprich, wenn jetzt der Rich Bitch e.V. um die Ecke kommt und sieht, dass ich für meinen Kurzworkshop nur 450€ verlange, obwohl sie 600€ dafür in ihrem Weiterbildungsbudget haben, haben sie zwei Möglichkeiten: Entweder sie buchen mich für 450€ und „sparen“ den Rest; oder sie fragen, was ich ihnen für 600€ anbieten kann. (Übrigens, „sparen“ ist hier irreführend, denn ein Budget ist ja dafür da, um ausgegeben zu werden. Das ist einer der Vorteile, eher mit Organisationen als mit Soloselbstständigen zusammenzuarbeiten – da verwalten halt Leute ein ihnen zugeteiltes Budget un sie haben nicht so sehr das Gefühl, ihr eigenes Geld auszugeben.)

Indem ich meine Honorare vorher veröffentliche, kann ich im Gespräch auch einfacher nach dem Budget fragen. Denn so läuft der Auftraggeber ja nicht Gefahr, dass mein Honorar zufällig genau ihrem Budget entspricht und ich es auch für billiger gemacht hätte, wenn sie eine niedrigere Zahl genannt hätten.

Ich denke, der Punkt, warum ich von dieser ’neuen‘ Methode überzeugt bin, ist rübergekommen. Ich freue mich über Erfahrungsaustausch mit anderen Selbstständigen per Insta- oder Twitter-DM!