Nur ein Seminar.

Als ich Bachelorstudentin war, wusste ich nicht, was Öffentlichkeitsarbeit ist. Also klar, gehört hatte ich den Begriff bestimmt schonmal. Ich wusste auch nicht genau, was Unternehmenskommunikation ist. Für das gleichnamige Blockseminar angemeldet habe ich mich trotzdem – vermutlich hauptsächlich, weil der Termin günstig lag. (Meine Schwerpunkte im Bachelor waren eigentlich Sprachwissenschaft und Didaktik; ich konnte aber für den Wahlbereich auch Kurse aus dem anderen Schwerpunkt Interkulturelle Kommunikation nehmen. Falls ihr euch gerade fragt, was das für ein komischer Studiengang ist, wo man Seminare belegt, ohne zu wissen, was man da eigentlich lernt. ?‍♀️)

Anyways, das Seminar hat mir sehr, sehr viel Spaß gemacht. Wir haben SWOT-Analysen gemacht, Unternehmensauftritte analysiert, über Krisenkommunikation gesprochen und vieles, vieles mehr, an das ich mich leider nicht mehr erinnere. Damals wusste ich nicht, wie sehr dieses Seminar meinen Karriereweg beeinflussen wird. Ein Indiz war jedoch, dass ich mir kurze Zeit später ein Fachbuch gekauft habe, welches ich im Seminar kennen gelernt hatte. Dieses Buch liegt gerade zufällig in Griffweite von mir, da eine Freundin mir kürzlich die Leihgabe zurückgebracht hat.

Heute Mittag hat mir eine Studentin ihren Seminarbericht geschickt. Vom Thunderbird-Pling auf pawlowsche Art und Weise konditioniert, musste ich die E-Mail natürlich unmittelbar öffnen und auch in den Bericht reinschnuppern. Beim Seminar ging es um Öffentlichkeitsarbeit für eine lokale Kultureinrichtung. Konkret sind wir mit den Studentinnen ein paar Basics und Übungen durchgegangen und haben sie anschließend losgeschickt, um eigenständig drei Beiträge für Website bzw. Instagram des Instituts zu produzieren.

Das Prinzip, Studierende nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch lernen zu lassen, indem sie etwas für gemeinnützige Partnerorganisationen produzieren, nennt sich Service Learning. Mir als Dozentin macht diese Art von Seminar viel Spaß, weil man ohne schlechtes Gewissen die Theorie verkürzen und die Praxis betonen darf. Die Uni kann sich mit innovativen und gesellschaftlich relevanten Lehr-Lern-Formaten rühmen und die Organisation erhält kostenfrei eine Dienstleistung, die sie alleine nicht gestemmt hätte. Win/win/win, oder?

Achja, was ist mit den Studis? Die erhalten ECTS-Punkte und ein – verhältnismäßig – gechilltes Seminar. (Damit will ich nicht behaupten, ich würde als Dozentin nicht viel einfordern – aber verglichen mit anderen akademischen Prüfungsformen sind Praxisarbeiten und Seminarbericht definitiv eher auf der chilligen Seite.)

Und: Im besten Fall prägt die Studentinnen das Seminar so wie mich damals das Blockseminar Unternehmenskommunikation geprägt hat. Sie haben das Berufsfeld kennengelernt, können sich was drunter vorstellen und haben eine gute Antwort parat, wenn der gehässige Onkel auf der Familienfeier mal wieder fragt, was man denn mit einem geisteswissenschaftlichen Studiengang so machen könne, neben Taxifahren. ✌?

Das ist nicht nur Wunschdenken, sondern wirklich Feedback, was wir am Ende des Präsenzteils von den acht Teilnehmerinnen gehört haben – und jetzt steht es in 12 Punkt Times New Roman schwarz auf weiß im Seminarbericht.

Ob eine von ihnen wirklich diesen Weg einschlägt, steht natürlich in den Sternen und ist eigentlich auch not my business. Schön wär’s aber doch – und wenn die Person mal irgendwann einen Blogartikel über ihre Geschichte schreibt, das Seminar googelt und hier landet: Hi, ich bin deine Dozentin aus dem Öffentlichkeitsarbeits-Seminar im WiSe 2019/20! ??

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